Hast du bereits die Playlist laufen, die ich hier mit dir geteilt habe? Dann starten wir jetzt gemeinsam mit einem Auszug aus meinem Retreat-Tagebuch:
Ich war so aufgeregt. Mein Herz klopfte in jeder Zelle meines Körpers. Meine Hände waren eiskalt, schwitzig… ich setzte mich im Kniesitz auf meine Matte, schloß meine Augen und lauschte der Musik. Rapé wurde ausgegeben. Ich war ehrlicherweise ziemlich abgeneigt dagegen, weil ich Dinge, die durch meine Nase in mein Hirn geschossen werden einfach nicht mag. Ich kann auch kein Nasenspray leiden… Doch es sollte beruhigen und öffnen, also wollte ich es gerne versuchen.
Alexandra, eine unserer Guides mit ihrer wunderschönen Engelsstimme und ihrem tief durchdringenden, beruhigenden Blick, kam auf mich zu. “Is this your first time?” fragte sie mich. “Yes.” - “Okay, so I will start slow.” Sie leitete mich mit einigen tiefen Atemzügen an und bat mich darum, beim nächsten mal einatmen die Luft anzuhalten. Dann pustete sie mir die Kräuter sanft ins Nasenloch. Mir schossen direkt Tränen in die Augen und ich traute mich erst nicht mehr zu atmen. Sie legte ihre Hand zwischen mein Schlüsselbein und mein Brustbein “breath…” wir atmeten erneut gemeinsam, bis ich wieder die Luft anhielt und sie die Kräuter in mein zweites Nasenloch pustete.
Ich setzte mich auf meinen Platz. Ich atmete ruhig, lauschte der Musik, dann kamen mir erneut Tränen. Es waren Tränen der Dankbarkeit, Tränen der Demut. Ich spürte, wie ich mich beruhigte und gleichzeitig öffnete für alles, was ich empfangen darf. Ein wunderschöner Moment.
Dann ertönte die Stimme von Vera: “Now you can step forward and get your first shot.”
Es war soweit - und ich war nicht mehr aufgeregt. Ich fühlte so eine starke Dankbarkeit für unsere Natur, für mich selbst. Klar kann ich auch stolz auf mich sein, da ich so mutig bin und mich zeige, dass ich hinschaue. Mit der Anwesenheit von Angst “es” “schaffen” zu können, “es” händeln zu können und “es” trotz aller Angst “herauszufordern”.
Ich schreibe diese Worte mit Anführungszeichen, weil…
Was ist “es”?
Und was bedeutet eigentlich “schaffen” und “herausfordern”?
Haha, da musste ich sogar während meiner Zeremonie schmunzeln, doch dazu komme ich noch.
Ich nahm den Shot, bedankte mich und ging auf meinen Platz. Ich lag mich relativ schnell hin, schloss meine Augen und ließ mich von der Musik leiten.
Meine Arme und Beine begannen zu kribbeln. Da dachte ich mir schon, okay, es geht los. Mein Verstand hat sich dazu geschalten und hat überlegt woher das Kribbeln noch kommen könnte. Vielleicht schlafen meine Gliedmaßen jetzt ein, weil ich auf dem harten Boden liege? Ist es meine Anspannung? Ich sollte mich entspannen… Warte… ist da überhaupt Anspannung?
Diese Monolog-artige Diskussion, die mein Kopf dann mit sich selbst geführt hat, endete irgendwie darin, dass er mir sagte, was ich noch alles zu tun habe. Er hat mir die unmöglichsten Situationen aus dem Alltag erklärt und mir eine To-Do-Liste aufgeschrieben. Das ging alles so schnell, dass ich es garnicht greifen konnte und die To-Do-Liste ist im Millisekunden-Takt gewachsen.
Vera’s Worte kamen mir in den Sinn “Breath through it”.
Ich atmete tief ein und musste lachen. Denn plötzlich verwandelten sich die Wörter auf meiner To-Do-Liste zu Strichfiguren, die angefangen haben, miteinander zu tanzen. Die Worte zogen sich in die länge und verschnörkelten sich am Ende zu tanzenden Männchen. Es war so amüsant dabei zuzuschauen.
Ich dachte mir: Scheiß doch drauf, was alles zu tun ist bzw. was zu tun zu sein scheint! Es ist nur ein Schein! Es ist eine Illusion!
Gefühlt parallel dazu ist auch ein anderer Prozess gelaufen. Ich hatte ein Stechen in meinem Magen gespürt. Ich dachte mir klar, mir ist schlecht, man kotzt ja von Ayahuasca… kurz darauf hatte ich das Gefühl von - oh, was möchte sich hier zeigen? Ich weiß, dass mit der Verdauung meine Themen hatte und dass da etwas war, das meine Aufmerksamkeit brauchte. Kam jetzt das hoch, was sich zeigen wollte? Werde ich es händeln können?
Ich wurde jedoch nicht unruhig, denn gleichzeitig überkam mich auch ein sehr vertrautes und sicheres Gefühl. Ich fasste mir an meinen Magen und atmete tief. Was auch immer sich zeigen wollte, ich bin da, ich bin bereit. Lass es uns gemeinsam heilen.
Ich schenkte mir die volle Aufmerksamkeit - keine Gedanken - und gleichzeitig keine Leere, sondern Fülle. Ich atmete tief. Ich umarmte mich. Voller Liebe. Akzeptanz. Präsenz. Ich. Bin. Da. Der Schmerz darf sein. Er ist ein Teil von mir und auch er ist liebenswert. Ich bin liebenswert. Ich bin Liebe.
Ich vermute, dass ich dann eingeschlafen bin, zumindest habe ich mir erlaubt zu ruhen. Meine Seele ruhen zu lassen. Denn das habe ich ihr viel zu lange verwehrt.
Was ist für uns nicht händelbar? - Alles, wogegen wir versuchen anzukämpfen.
Was ist deine Schlussfolgerung daraus?
Ich habe super geschlafen und wachte um 8:00Uhr auf. Um 9:00Uhr sollte meine erste Kambo Zeremonie sein. Ich war wieder aufgeregt.
Kambo ist ein Entgiftungs- und Heilungsritual. Hier werden mit Hilfe eines Räucherstäbchens kleine Punkte in die Oberhaut gebrannt und darauf wird das Sekret des Riesenmakifrosches aufgetragen.
Mein Herz klopfte und ich hatte erneut eiskalte Schweißhände.
Alex begleitete mich bei der Session, spürte meinen Puls und atmete mit mir. Als ich ruhiger wurde, brannte er die Punkte in meine Haut und tragte das Froschsekret auf. Er drückte mir meinen Kotzeimer in die Hand und leitete mich zum Atmen an.
Mein Gesicht wurde brennend heiß. Es kribbelte.
Ich spürte erneut die Schwere in meinem Magen. Dieselbe Schwere mit dem Stechen, das ich in der letzten Nacht gespürt hatte. Kurz darauf spürte ich auch in meiner Kehle einen Druck. Musste ich brechen?
Es war uns nicht erlaubt, dass wir uns den Finger in den Hals stecken, um das Erbrechen herauszufordern. “Alles ist Energie und euer Körper wird euch leiten.” Das waren Vera’s weise Worte, die erneut durch meine Haut fuhren.
Alex fragte mich, was ich fühle.
Zuerst war es so etwas wie Mut, Stärke, Willenskraft.
Mit den Druck im Magen, spürte ich dann auch meinen Herzschlag in der Magengrube, auch in meiner Kehle. Der Druck wurde größer und es zeigte sich Trauer.
Alex atmete mit mir.
Mir war kotzübel und der Druck wurde mehr. Doch ich übergab mich nicht.
Ich fing an zu weinen.
Ich weiß nicht mehr, was Alex alles zu mir sagte, doch er sprach das aus, was mein Magen, meine Kehle und meine Tränen mich fühlen ließen.
Wir atmeten gemeinsam und ich wurde ruhig, gefestigt.
Ob es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist, dass ich mich nicht übergeben habe, wäre ausschließlich eine Schlussfolgerung meines Kopfes. Dieses Gefühl hatte ich bereits nach meiner erstes Session und es sollte in den nächsten Tagen bestärkt werden.
Ich freue mich über die Erfahrung, die ich hier mit mir selbst machen darf - in Verbindung mit unserer Natur.
Bei der Kambo Session habe ich mich gefühlt, als bin ich gerade dabei zu Hause anzukommen. Das Zuhause, das ich mein Leben lang suchte, es ist hier, bei mir, in mir.
Ich bin mein Zuhause. Ich bin Liebe.
Ich habe so viel Anspannung in meinem Körper… davon kamen meine Schmerzen im Rücken, im Nacken, im Kopf,... Das Ding ist, dass unser Körper anders funktioniert, als wir denken zu wissen. Die Ursache ist nicht immer genau da, wo sich der Schmerz zeigt. Und das sollte heute mein Learning sein…
Mir stieg die Hitze ins Gesicht. Es war genau dieselbe Hitze, wie bei der Kambo Session am Morgen. Es fühlte sich an, als würden meine Augen anschwillen, meine Haut… mein gesamtes Gesicht schmerzte und fühlte sich an, alsob es krampft.
Ich spürte meine Stirn nicht mehr und fasste mir ins Gesicht. Okay, noch alles da.
Ich spürte, dass diese Schmerzen und diese Anspannung in meinem Gesicht Spuren von Emotionen sind, die ich erlebte. Es waren meine eigene Emotionen und auch diese, die nicht mir gehören, die ich jedoch über unsere Spiegelneuronen aufgenommen habe. Ich erinnerte mich daran, wie viele Emotionen ich von anderen Menschen bereits abgefangen habe, weil ich empathisch bin, Gesichter lesen lernte… Ich war in meiner Kindheit dazu gezwungen, Emotionen aus Gesichtern lesen zu lernen, damit ich wusste was notwendig war, um Gleichgewicht herzustellen.
Plötzlich kam ein sehr witziges Lied. Ehrlicherweise habe ich keine Ahnung, ob es wirklich witzig war oder ob ich nur was Witziges daraus machte. Diesem niemals müden Quatschkopf in mir traue ich es auf jeden Fall zu.
Ich wollte, dass diese Spannung in meinem Gesicht aufhört und stellte mir bildlich vor, wie ich zum Rhythmus des Liedes witzige Grimassen aus den emotionalen Gesichtern formte. Ich zog die Gesichter auseinander, knetete sie außer Form, gab ihnen bunte Farben. Es war so witzig, dass ich lachen musste. Das hat so gut zum Song gepasst!
Plötzlich hatte sich jemand im Raum ganz laut übergeben und ich wurde aus meinem Witz gerissen - mitten in die Realität. Dieses Emotionen-Abladen dieses Menschen hat mich total aus meiner Mitte gebracht. Ich spürte auch, wie der Mensch, der neben mir lag, total nah war. Ich rückte weiter weg in Richtung Wand - ich wollte Abstand. Auch am anderen Ende vom Raum tat sich etwas, da schlief wohl jemand und ich hörte ihn laut atmen. Er neben mir schnarchte sogar leicht. Es war total überfordernd.
Erneut stieg die Anspannung in meinem Gesicht, die Schmerzen wurden stärker und stärker und meine Augen fühlten sich an, als würden sie platzen.
In meiner linken Gesichtshälfte spürte ich ein Ziehen. Kennst du die Dementoren von Harry Potter? Es war für mich als würden mich Dementoren aussaugen und diese Dementoren waren in dem Moment alle Menschen, die in dem Raum waren. Sie befanden sich alle links von mir, denn rechts von mir war eine Wand und direkt der Ausgang.
Ich atmete tief.
Auch meine Nackenmuskeln fingen nun an zu krampfen. Mein Gesicht war noch immer voller Anstrengung damit beschäftigt, alle möglichen Emotionen auf einmal auszudrücken, die ich je aufgenommen habe.
Es tat so weh und es war so anstrengend, das alles auszuhalten.
Ich begann mein Gesicht zu massieren, um mich dabei zu unterstützen, zu entspannen. Ich war sehr sanft und verständnisvoll zu mir selbst, liebevoll, geduldig. Immer wenn ich damit aufhörte, spürte ich die Schmerzen und massierte erneut.
Diesen Prozess wiederholte ich so lange, bis ich zu einer Erkenntnis kam: All das verbindet mich mit meinem Papa. Ich entwickelte ganz viel Mitgefühl für ihn und auch für mich.
Mein Nacken machte sich bemerkbar. Also zog ich meinen Pullover aus und massierte auch meinen Nacken.
Mir wurde klar, woher all diese angestaute Energie kam… Ich war mein Leben lang auf Hab-Acht-Stellung. Ich las Gesichter, Menschen, ich wog Situationen ab, um herauszufinden, wie ich für Balance sorgen kann, sodass alles gut ist. Ich musste vorausschauend sein, schon als kleines Mädchen. Ich musste aufmerksam sein, mitdenken, vorausdenken. Letzten Endes befand ich mich immer im Sicherheitsmodus - fight or fligt.
Mache ich etwas falsch? Wie ist mein Gegenüber drauf? Bekomme ich Ärger? Ist die Stimmung gut? Was kann ich tun, damit gute Stimmung herrscht? Damit niemand streitet, schreit, verärgert ist… damit ich nicht bestraft werde…
Ich massierte weiter, mein Gesicht, meinen Hals, meinen Nacken. Ich schenkte mir Liebe, Zärtlichkeit, ich half mir dabei, mich zu entspannen. Ich atmete tief.
Jetzt gerade frage ich mich, warum ich mich wohl nicht übergeben habe, um diese Energien loszuwerden… Warum habe ich all diese Energien bei mir behalten?
All diese Eindrücke und Energien sind ein sehr wichtiger Teil von mir. Sie haben mich gelehrt, Menschen und Situationen zu lesen. Ich weiß oftmals weit vor meinem Gegenüber, wie er oder sie sich fühlt, was es braucht, um in Balance zu kommen. Hier kommt auch meine Art Hellsichtigkeit her - ich kann Situationen abwägen, bin sehr präzise vorausschauend. Das ist ein Geschenk! Mit diesem Geschenk kann ich so viele Menschen unterstützen, zu ihrer Klarheit zu kommen.
Allerdings hat mich das Leben genau durch diese Erlebnisse auch zu meiner Klarheit gebracht. Ich habe dadurch im Laufe des Lebens bereits in meinem jungen Alter eine Weisheit entwickelt, welche die Erfahrung von vielen Menschen aus den verschiedensten Generationen mit sich bringt.
Ich bin dankbar dafür, das erkannt zu haben.
In dieser Nacht schlief ich wie ein Baby ein.
Ich hatte Kopfschmerzen. Der Druck und der Schmerz, der in meinem Nacken und in meinem Gesicht fest saßen, haben ihre Spuren hinterlassen.
Ich setzte mich in die Sonne und wartete, bis meine Kambo Sitzung begann.
Ich war die Ruhe selbst.
Meine Kambo Zeremonie war anders. Anders als gedacht?
Kurz nachdem ich den dritten Punkt bekommen habe, hatte ich ein sehr starkes Herzklopfen. Es erinnerte mich daran, zu atmen. Mein Puls gleichte sich unmittelbar meinem Atem an.
Ich war wie in Trance, ein tief meditativer State. Ich dachte nichts, doch fühlte ich keine Leere. Ich fühlte Sicherheit, Stabilität, Ruhe, Verwundbarkeit und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass Verwundbarkeit und Stabilität im Einklang sind.
Erdung, Heimkommen, daran erinnern, wie machtvoll ich bin und dass alles in mir ist.
Mein Wurzelchakra wurde aktiv.
Kurz überlegte ich, ob ich meine nackten Füße flach auf den Boden stellen sollte, um die Verbindung zur Erde intensiver zu spüren… nein, das brauchte ich nicht. Ich brauchte die physische Verbindung zur Erde nicht herstellen, denn ich war die Erde. Wir waren bereits eins.
Ich war Erde, Wurzeln, Stamm, Äste, Blätter zugleich.
Ich spürte, wie sich meine Muskeln entspannten. Mein Gesicht, meine Augenlieder, mein Nacken, alles rund um meine Hüfte - keine Notwendigkeit, um auf Hab-Acht-Stellung zu sein. Nicht einmal Alex sagte etwas, weil er meinen State spürte - es waren keine Worte notwendig.
Für mich ist es so magisch, was diese Naturmittel uns lehren: Nämlich das zu heilen, was gerade Aufmerksamkeit braucht - und zwar lehren sie uns, uns selbst zu heilen.
Ayahuasca oder Kambo bedeuten nicht, dass du das nimmst, einfach nen Trip hast, alles auskotzt und danach ist alles super. Nein. Der Prozess der Heilung sieht für jeden anders aus.
Für mich ist es ein einziges Wunderwerk, wie mich die Pflanzen durch den Prozess geleitet haben und wie ich mich habe leiten lassen. Step by step, so, dass ich jeden Schritt entsprechend verarbeiten konnte.
Nachmittags freute ich mich auf einen langen Nap. Ich habe ganze 2 Stunden durchgeschlafen. Alle Anspannung war weg, keine Kopfschmerzen mehr und ich trug die Schultern auch nicht mehr an den Ohren.
Der perfekte Moment, um eine Massage zu bekommen.
Ein weiterer Alex, der uns auf dem Retreat mir seiner bezaubernden Frau bekochte, bot auch Yoga Sessions und Thai Massagen an. Das war allerdings keine gängige Thaimassage - es war eher eine eigene Zeremonie für sich und pure Hingabe. Zu Beginn sagte er zu mir: “Nicole, you have to surrender - this is an act of pure surrendering. You don’t have to help me in any kind of way - just let it happen.” Also ließ ich es geschehen.
Es hat sich für mich rund angefühlt. Ich hatte bis hierhin schon so viele wichtige Learnings mitgenommen und wirklich erlebt. Was ich nicht wusste ist, dass ich nach dieser Massage und nach diesen 3 Tagen vorbereitet war für das, was mich dann erwartete: Ich durfte erfahren, was volle Hingabe wirklich bedeutet und was dadurch möglich ist.
Ich war super vorbereitet… geduscht, massiert, entspannt, ich hatte meine Zähne geputzt und meinen Pyjama angezogen. Als ich meinen Platz mit reichlich Kissen und 2 Decken ausgerüstet hatte, freute ich mich auf eine entspannte Ayahuasca Zeremonie, in der ich noch einmal dieses tiefe und beruhigende, erdende Gefühl wiederbeleben wollte. Mental habe ich mich auf Nach-Hause-Kommen eingestellt.
Rapé wurde ausgeteilt und ich wählte die “softe” Version. Ich war so froh, dass die ganze Anspannung aus meinem Körper raus war und ich mal keine Kopfschmerzen hatte. Die Massage war so entspannend, und ich wollte auch Rapé entspannt empfangen, ohne das Gefühl zu haben, dass mein Hirn durch die Decke schießt.
Ganz ehrlich? Wenn ich all diese Vorbereitung und die Entscheidungen, die ich da getroffen habe, jetzt reflektiert betrachte, muss ich echt lachen. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwarten wird! Ich danke Mama Ayahuasca, dass sie so authentisch ist und mir diese kleine Shitshow diiiirekt gespiegelt hat!
Ich nahm meinen ersten Shot und spürte, dass ich das Gesicht etwas verzogen hatte, als ich den Schluck nahm. Irgendwie war da ein Widerstand. Ich mein klar, es war jetzt kein süßer Maracuja Saft und etwas bitter. Ayahuasca schmeckt für manche wie Lakritze, ich kann Lakritze nicht leiden. Aber die Tage davor hatte ich das Gesicht auch nicht verzogen, es war eindeutig Widerstand.
Ich ging voller Demut an meinen Platz zurück. Mir war etwas ungut im Magen, deshalb legte ich mich direkt hin, um zu atmen und zu entspannen. Ich wollte mich erden und stellte mir meinen Lebensbaum vor. Alle, die meinen Onlinekurs gemacht haben, wissen wovon ich spreche.
Es funktionierte. Ich stellte mir bildlich meinen Lebensbaum vor und plötzlich sah ich Kevin’s Augen. Ich liebe die Tiefe, die Ruhe und die Stabilität, die seine Augen ausstrahlen und womöglich brauchte ich dieses Gefühl gerade. Ich stellte mir vor, wie wir beide vor diesem großen, atemberaubenden Baum standen und uns gemeinsam erdeten. Wir teilen eine Vision, unsere Werte, unsere Missionen hier auf der Erde und wir hatten jede Menge Spaß dabei. Wir begannen zu tanzen, erst ganz langsam und plötzlich fingen wir an rumspringen und rannten los… völlig losgelöst und frei, hinaus in die Natur.
Dann endete mein Film abprupt. Ich versuchte mich noch einmal darauf zu konzentrieren und sah noch einmal Kevin’s Augen, doch dann wurde alles schwarz… auch die Musik endete. Stille.
Ob ich in diesem Moment Angst hatte, habe ich mich erst danach gefragt. Es war auf jeden Fall sehr unangenehm, nicht in der Hand zu haben, was jetzt kommt und es auch nicht kontrollieren zu können. Ich war doch so schön vorbereitet und wollte einfach nur einen entspannten Abend. Nicht zu wissen, was geschehen wird,... ja… genau darin steckte meine letzte Lektion: SURRENDER!
Alles begann mit einem Feuerwerk und auch die Musik begann weiterzuspielen. Ich nahm dieses Feuerwerk erst garnicht ernst und lachte. Ich öffnete die Augen, wahrscheinlich um wieder die Kontrolle zu übernehmen, doch ich sag alles nur verschwommen und die Farben hörten nicht auf.
Alexandra sang und machte irgendetwas mit ihren Händen - oder bildete ich mir das nur ein? Ich versuchte mich darauf zu fokussieren, aber keine Chance. Mein Kopf hat keine einzige Antwort bekommen, auf all die Fragen, die in ihm aufploppten. Es wurde wieder alles bunt. Noch bunter. Alles drehte und wandte sich - kennst du diese Guckrohre für Kinder, in denen ein Mandala im anderen verschwindet? Kaleidoskop heißen die Dinger. Ich hab mich gefühlt, als sei ich in so einem Kaleidoskop gefangen - ich hatte überhaupt keinen Plan mehr wo ich bin!
Mir wurde ganz flau im Magen und ich versuchte irgendwie zu entkommen, doch es ging nicht. Ich hab echt alles versucht - ich dachte mir “Sag mal, ich kann doch alles steuern was ich will, das ist alles nur eine Illusion! Wach doch einfach auf!” - es ging nicht. Mir wurde kotzübel und ich spürte plötzlich einen heftigen Druck in meiner Blase… “Dein Ernst? Pinkeln? Ich kann in diesem Zustand niemals im Leben auf’s Klo!” Ich wollte einfach nur, dass es aufhört.
Ich versuchte aufzuwachen, oder den Traum zu verändern… einen anderen Film abzuspielen - doch es ging nicht. Ich fing an mit der Pflanzenmedizin zu diskutieren. “Komm, lass mich einfach kurz pinkeln gehen und dann können wir weitermachen…” Hahaha das Ergebnis war, dass mir nur noch schlechter wurde. “SURRENDER!” hörte ich. “Du wirst die Kontrolle abgeben.” Ich sollte surrendern? Ich sollte mich hingeben? Ich bin doch sowieso schon machtlos, ich hab’s gecheckt… jetzt lass auf’s Klo gehen.
Ich konnte mich nicht bewegen. Ich dachte nicht, dass es noch ne Nummer schlimmer geht, doch mir wurde wirklich speiübel, mein Körper fühlte sich schwach an, wackelig, meine Ohren gingen zu und die Farben wurden bunter, heftiger, wilder. Ich merkte, dass ich anfing zu gähnen. Ich interpretierte es so, dass ich müde war davon. “Schau mal, ich gähne schon…” diskutierte ich weiter "Ich will mich nicht so fühlen! Dann lass’ einfach kotzen, damit es mir dann besser geht!” Doch ich bekam weder eine Antwort, noch spürte ich einen Würgereiz, ich fühlte mich einfach nur scheiße.
In diesem Moment begann ich mich auf meinen Atem zu fokussieren. Ich atmete tief ein und beim Ausatmen gähnte ich schon wieder. Von was war ich denn müde? Ich drehte mich auf die Seite und versuchte einzuschlafen - ich atmete wieder tief ein und gähnte beim Ausatmen erneut. Mir wurde noch schlechter. Ich sollte wohl nicht schlafen? “Gib die Kontrolle ab” hörte ich.
Ich drehte mich wieder auf den Rücken. Mir fiel auf, dass ich wirklich bei jedem mal Ausatmen gähnte. Ich atmete sehr tief und nicht viel, doch ich musste locker 4 mal pro Minute gähnen. Ich konnte garnicht mehr anders. Mein rechtes Auge war ganz nass… Tränen vom Gähnen? Oder weinte ich?
“Ach weißt du was.. mir reicht’s. Dann zeig mal deine Farben und mach was du willst.” I surrendered…
Urplötzlich war meine Übelkeit weg - ehrlicherweise weiß ich nicht, wie lange das alles wirklich ging, es fühlte sich nur so an. Die Farben waren noch da, doch sie bewegten sich sanfter, sie tanzten wohl eher. Ich spürte, wie ich in meinen Körper zurück kam und bemerkte, dass ich noch immer durchgehend am Gähnen war.
Mir liefen die Tränen. Wie lange schon? Ich weiß es nicht. Ich spürte Entspannung in meinem gesamten Körper und ein leichtes Grinsen in meinem Gesicht.
Während mein Verstand an der Nase herumgeführt wurde und dazu gezwungen war, die Kontrolle abzugeben und an nichts festzuhalten, konnte ich also loslassen. Das Gähnen und das Weinen waren meine Art, Energie fließen und gehen zu lassen. All das, was in den letzten Tagen in Bewegung gebracht wurde, durfte nun gehen - zwischen all meinen Loslasstränen kamen nun auch Tränen der Dankbarkeit und der puren Demut dazu.
Ich bin so dankbar für diese Heilpflanzen, dass sie mich meinen Weg haben finden lassen und ich bin so dankbar für mich selbst, dass ich mich dafür geöffnet habe - es erfüllt mich auch mit Stolz.
Ich genoss diese Phase, wenngleich meine Blase wieder Alarm schlug. Mir war noch etwas schwummrig, als ich meine Augen öffnete, doch ich versuchte nichts zu kontrollieren. Ganz automatisch setzte ich mich auf, schnappte meinen Kotzeimer und torkelte zur Toilette. Auf dem Klo angekommen stieß ich einen tiefen Seufzer aus, als ich endlich pinkeln konnte. Kennst du das? Was ein befreiendes Gefühl! Ich musste laut loslachen - wie geil ist es denn bitte, wenn du einfach die Kontrolle über das abgibst, was passiert oder passieren könnte? Wie viel Leichtigkeit darin steckt… mega!
Auf dem Weg zurück auf meinen Platz, fragte ich mich, wovon ich eigentlich so viel Pinkeln musste… ich hatte das letzte mal vor bestimmt 6 Stunden etwas getrunken und auch nur ein bisschen. Naja.. so schnell wie die Gedanken da waren, waren sie wieder weg.
Ich legte mich hin und genoss meine Leichtigkeit, während ich keine Kontrolle darüber hatte, was als nächstes kommt. Ich beobachtete die Menschen im Raum, lauschte der Musik und fühlte pure Freiheit. Es kamen immer wieder Impulse hoch, über die ich philosophierte, doch es war irgendwie ein anderes philosophieren - so frei und alles andere als verbissen… Gedanken kamen und gingen wieder.
Wir hatten in unserer Gruppe einen autistischen Menschen, ein Herzensjunge, und er war so interessant zu beobachten. Er war unglaublich witzig, ach was haben wir uns gemeinsam den Arsch mit ihm abgelacht. Es war so beeindruckend für mich, ihn zu beobachten. Ich beschäftigte mich bereits zuvor mit autistischen Menschen und habe ihn nun in seinem puren Sein erlebt, in Verbundenheit. Wie intensiv er fühlte und wie er sich selbst ausdrückte, das war so inspirierend. Ich schaute mich weiter im Raum um und blieb bei einem anderen Weggefährten hängen. Er litt gerade so sehr, es muss anstrengend und unangenehm gewesen sein, Trauer, Wut,... er fühlte Schuld, die eigentlich garnicht seine war. Ich schickte ihm ganz viel Herz-Energie rüber.
Mein Blick wanderte weiter durch den Raum. Ich sah unsere Guides, hörte sie singen, Instrumente spielen, ich sah ihre aufmerksamen Blicke und wie sie die Energie im Raum aufrecht hielten.
“Wenn all diese Menschen hier im Raum sich selbst nur aus meinen Augen sehen könnten…” Ich spürte so viel Selbstverurteilung und die Lasten anderer auf dem Rücken dieser Menschen… und ich wünschte mir von ganzem Herzen, dass sie durch diese Phase durch finden und erkennen, was ich längst in ihnen sehe, denn es ist da. Alles ist bereits in ihnen, genauso wie bereits alles in mir ist und auch in dir.
Ich realisierte, dass ich all das wahrnehmen kann, doch dass ich es nicht zu meinem mache. Ich sehe es und ich schicke Energie und Kraft, doch ich nehme den Schmerz nicht mehr auf mich. Die Menschen müssen selbst durch ihren Schmerz durch, es bringt nichts, wenn ich ihn ihnen abnehme. Sie müssen ihn fühlen, um zu erkennen, dass er ein Geschenk bei sich trägt.
All diese Energien, die wir aufnehmen und fühlen, können wir mobilisieren und damit etwas bewegen in der Welt. All unsere Emotionen sind Geschenke, die wir weitergeben können und die uns stabil machen, emotional stabil. Sie machen uns empathischer, öffnen uns füreinander, lehren uns dabei, mehr Verständnis und Geduld zu haben - vor allem mit uns selbst.
Weißt du, was das Schöne ist? Auch du kannst aus meinen Erkenntnissen etwas für dich mitnehmen. In diesem und in den anderen Artikeln geht es nicht darum, dich dazu zu bringen, auch eine Erfahrung mit Ayahuasca oder anderen Substanzen zu machen. Und wie ich mehrfach betont habe, geht es ohnehin niemals um einen Rausch oder ähnliches. Es geht auch nicht darum, jemand zu werden...
Schau mal, alles, was ich in mir heile, ist eine Inspiration für andere Menschen, selbst zu heilen. Dabei geht es nicht immer um die Erfahrung selbst, sondern viel mehr um das Öffnen für gewisse Themen.
Doch mehr dazu findest du in meinem nächsten Artikel.
EURE AUTORIN
Hey, ich bin Nicole
und ich liebe es, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu packen. Meine Spezial-Zutat ist überall dieselbe, ob beim Kochen, beim Backen, bei meiner Arbeit, in meinem Podcast, in Gesprächen oder eben in den Texten, die ich verfasse: Liebe.
Ich freue mich, dass du zu mir gefunden hast und vielleicht möchtest du, deine Gedanken oder Worte auch mit mir teilen.
Von Herz zu Herz
Deine Nicole
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